Die Wangen glühen, man senkt den Blick, knetet die Hände und spürt eine Hitze – man würde am liebsten unsichtbar werden.
In den Boden versinken, dem Blick der anderen entzogen. Man schämt sich. Schämt sich die eine Person, fühlt sich die andere in der
Situation oft unwohl, von der Scham schier angesteckt.
Scham – ist es das Gefühl einer Schwäche, vor den Anderen nicht bestehen zu können? Dem Blick der Anderen ausgeliefert zu sein?
Als Gefühl einer Schwäche auch Hinweis auf Ohnmacht und Abhängigkeit? Oder ist Scham auch das intensive Gefühl der Selbst-Wahrnehmung?
Im Moment der Scham spüre ich mich als Individuum, einzigartig und nicht zugehörig?
Scham entsteht mit der Wahrnehmung, dass eine andere Person mich wahrnimmt, eine Interaktion nicht nur der Blicke, Reaktionen und gar
körperlichen Symptomen, sondern auch der inneren Prozesse und der gesellschaftlichen Bewertungen, wofür man sich denn zu schämen hat.
Scham und Beschämung, Scham und Schuld – und öfters auch das Fremdschämen ereignen sich im Sozialen, also in einem öffentlichen Raum
und im subjektiven Erleben, also intrapsychisch.
Scham scheint eine gewichtige, mehrdimensionale Funktion innezuhaben: Sie schützt vor dem Triebhaften und sichert Selbstachtung, sie
gewährleistet soziale Normen und fundiert Zivilisatorisches.
Diese Gleichzeitigkeit von gesellschaftlichen (also sozialen) und inneren (also subjektiven) Prozessen ist grundlegend psychoanalytisch.
Wie lassen sich den Schamgrenzen beschreiben? Wo sind diese Schnittstellen zwischen dem Individuellen und dem Gesellschaftlichen?
Wie verhält es sich mit der Normierung durch Scham? Und warum denkt man Scham unmittelbar mit Schuld zusammen und Fremdschämen mit
Distanzierung und Häme?
Die Psychoanalyse selbst verstehen wir als schamlos; sie macht weder vor der Gesellschaft eine Unterwerfungsgeste noch vor Literatur,
Kunst oder anderen Wissenschaften halt. Sie versteht sich interdisziplinär, skeptisch, neugierig und aufklärend.
Daran halten wir mit diesem Zyklus fest!
Eine Spurensuche.
Dienstag, 3. September 2024
Rahmenprogramm Zyklus:
Diskussion eines Fachartikels von Thomas Auchter (s. Programmheft, S. 8)
Freitag, 18. Oktober 2024
Öffentlicher Vortrag von Iren Meier (Bern):
"Ein Land im Krieg ist nicht nur eine Welt in Scham"
Freitag, 29. November 2024
Öffentlicher Vortrag von Martin Schürz (Wien):
"Zur Scham der Armen und Reichen"
Montag, 13. Januar 2025
Rahmenprogramm Zyklus:
Diskussion eines Fachartikels von Till Bastian & Micha Hilgers (s. Programmheft, S. 8)
Freitag, 24. Januar 2025
Öffentlicher Vortrag von Brigitte Boothe (Zürich):
"Kluge Scham — verstörende Beschämung"
Samstag, 25. Januar 2025
Fallseminar mit Brigitte Boothe (Zürich)
Dienstag, 4. Februar 2025
Rahmenprogramm Zyklus:
Filmabend mit "Frankenstein" von James Whale (s. Programmheft, S. 13)
Freitag, 14. Februar 2025
Öffentlicher Vortrag von Elisabeth Bronfen (Zürich):
"Ohne Scham auf der Kinoleinwand"
mit anschliessendem Filmabend:
«Poor Things» von Giorgos Lanthimos
Mittwoch, 19. März 2025
Rahmenprogramm Zyklus:
Diskussion der Erzählung "Das dritte Licht" von Claire Keegan (s. Programmheft, S. 13)
Freitag, 28. März 2025
Lesung – Gespräch – Diskussion mit
Judith Hermann (Berlin):
"Wir hätten uns alles gesagt. Alles ?"
Freitag, 9. Mai 2025
Öffentlicher Vortrag von Cécile Loetz und Jakob Müller (Heidelberg):
"Die Scham und ihre Masken"
Freitag, 9. Mai 2025
Fallseminar mit Cécile Loetz und Jakob Müller (Heidelberg)
Freitag, 13. Juni 2025
Unbefangenen Einblick in die Schönheit SCHAM LOS vergangener Abende mit Salomé Meier (Zürich), Kurt Koch, Irene Passweg und Lisa Schmuckli (Luzern)
und
Abschlussfest SCHAM LOS in Peter Ulrich's Weinrausch mit dem Akkordeonisten Dejan Škundrić
Vorträge
CHF 20 (regulär)
Der Zyklus-Pass – eine Unterstützungsidee
Mit dem Passepartout haben Sie freien Zugang
zu allen Vorträgen und zum Filmabend des Zyklus SCHAM LOS.
CHF 250 (regulär)
CHF 100 (Student:innen)
Einzahlung auf IBAN CH56 0900 0000 6000 4269 0, Stichwort: Passepartout
Oder
SPENDEN
ans Psychoanalytischen Seminar Luzern sind willkommen.
IBAN CH56 0900 0000 6000 4269 0, lautend auf:
Psychoanalytischen Seminar Luzern, 6000 Luzern
"Ein wichtiges Gefühl: Welchen Sinn hat Scham?"
Gespräch von Léa Burger mit Brigitte Boothe in der SRF-Sendung
"Perspektiven" vom 5. Januar 2025
"Was Freud der Welt noch zu sagen hat: «Es ist eine Illusion, dass man mit schnellen Zaubertricks die Psyche wieder in die Spur kriegt»"
Interview von Judith Blage mit Cécile Loetz mit Jakob Müller in der
"NZZ am Sonntag" vom 5. Januar 2025
"Reiche Menschen bekommen viel vom Staat"
Gespräch von Paulus Müller mit Martin Schürz in der Deutschlandfunk-Sendung
"Zwischentöne" vom 12. Januar 2025